In Köln zu leben ist beliebt. Köln ist eine wachsende Stadt. Was für die Stadt schön ist und für ihre Attraktivität spricht, bringt für sie aber auch Herausforderungen mit sich. So ist klar, dass Köln dringend jeden Wohnraum – und noch mehr Wohnraum braucht, damit die Nachfrage befriedigt werden kann. Umso unverständlicher und unverantwortlicher ist es, wenn Wohnhäuser jahrelang leer stehen und verkommen oder Bauflächen nicht bebaut werden.
In der Krefelder Straße 46 im Agnesviertel befindet sich ein solches Wohnhaus, das nach Informationen aus der Nachbarschaft seit mindestens sieben Jahren leer steht – wenn nicht noch länger. Sein Eingang ist mit Holzbrettern verbarrikadiert. Absperrungen mit dem Signet des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik versperren seit über zwei Jahren die Bürgersteigfläche, so dass Fußgänger gezwungen sind, auf den Radweg auszuweichen.
Entsprechend gibt es in Bezug auf das besagte Wohnhaus eine doppelte Problemlage: Der jahrelange Leerstand von Wohnraum (ein komplettes Wohnhaus!) und die Verkehrsbehinderung von Fußgängern und Radfahrern durch die Absperrungen auf dem Bürgersteig.
„Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die Neustadt/Nord einerseits zu den teuersten Stadtteilen Kölns gehört und die Stadt Köln auf der anderen Seite dringend nach Orten sucht, wo neuer Wohnraum geschaffen werden kann, ist ein solcher Leerstand nicht hinzunehmen. Entsprechend wird die Verwaltung aufgefordert, mit Nachdruck geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit die dortigen Wohnungen wieder bewohn- bzw. vermietbar werden,“ meint Regina Börschel, Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt.
Zum Hintergrund:
Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte das Verbot der Zweckentfremdung von freifinanziertem Wohnraum abgeschafft. Seitdem konnten Leerstände seitens der Verwaltung nicht mehr verfolgt werden. Unter Rot-Grün hat aber der nordrhein-westfälische Landtag im Dezember 2011 das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum in Nordrhein-Westfalen beschlossen. Was kompliziert klingt, bedeutet konkret u.a. ein kommunales Satzungsrecht für ein Zweckentfremdungsverbot in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde. Dieses betrifft wie die alte Regelung den freifinanzierten Wohnraum – nur eben nicht mehr auf Landesebene, sondern auf der Basis einer kommunalen Satzung. Das heißt: Jede Kommune legt für sich fest, was Wohnraum ist, wann ein Fall von Wohnraumzweckentfremdung vorliegt und welche Ausnahmen es gibt.
Eine solche Satzung hat der Rat am 8. April 2014 für die Stadt Köln beschlossen: die Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum in Köln. Damit ist der Verwaltung wieder die rechtliche Möglichkeit gegeben, gegen Fälle von Wohnraumzweckentfremdung vorzugehen. So liegt eine Wohnraumzweckentfremdung dann vor, wenn Wohnraum nicht mehr als Wohnraum genutzt wird, z.B. wenn der Wohnraum für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet wird oder er baulich so verändert wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist. Auch wenn Wohnraum länger als drei Monate leer steht, liegt ein Fall von Zweckentfremdung vor. Und genau letzteres trifft auch auf das Haus Krefelder Straße 46 zu.