Die letzte Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt ist vorüber. Anlass genug, einmal eine kleine Bilanz des Jahres 2017 zu ziehen und einen Ausblick auf das kommende Jahr zu werfen.
Plätze in der Innenstadt standen in besonderem Maße im Mittelpunkt unserer Arbeit – und dies aus unterschiedlichen Gründen. So rückte der Ebertplatz seit einer Bluttat im Herbst 2017 ins Zentrum der Aufmerksamkeit – und wurde bis in die internationale Presse hinein zum Sinnbild eines aufgegebenen Stadtraums. In der Tat: Der Ebertplatz befindet sich seit Jahren in einer Abwärtsspirale: Zunächst fielen die Rolltreppen aus. Ein Eiscafé und weitere Läden schlossen. Der Brunnen wurde abgestellt. Die Menschen aus den angrenzenden Vierteln mieden zunehmend den Ebertplatz. So wurde er in den letzten Jahren zum Anziehungspunkt unterschiedlicher Szenen und zum Umschlagplatz für Drogen – von der Polizei als „gefährlicher Ort“ eingestuft. Zugespitzt hat sich die Situation zusätzlich durch Verdrängungseffekte, als Gruppen nach den Silvesterereignissen 2015 durch die erhöhte polizeiliche Präsenz rund um Hauptbahnhof und Dom den Ebertplatz zu ihrem Treffpunkt machten.
Klar ist: Der Ebertplatz muss umgestaltet und wieder zu einem attraktiven ebenerdigen Mittelpunkt der Achsen zwischen Eigelstein- und Agnesviertel sowie den nördlichen Ringen werden. Weil der große Umbau aber noch Jahre dauern kann (die Verwaltung spricht von drei bis vier Jahren), sind Sofortmaßnahmen notwendig. Die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt hatte bereits vor über einem Jahr entsprechende Vorschläge unterbreitet, die von der Bezirksvertretung mehrheitlich unterstützt wurden. Dazu zählen die erhöhte Präsenz von Polizei und Ordnungsamt, die verbesserte Ausleuchtung des Platzes, mehr Übersichtlichkeit oder die regelmäßige Beseitigung von Vandalismusspuren. Gleichzeitig wollten wir, dass der Ebertplatz von den Menschen aktiv genutzt werden kann. Kultur und Veranstaltungen tragen dazu bei, den Ebertplatz wieder zu beleben und attraktivieren. Das City-Leaks-Festival oder Aktionen der Kunsträume und der Stadtteilkonferenz haben deutlich gemacht, was hier möglich ist.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht sein, dass die Passage am Ebertplatz schon jetzt geschlossen und Kunsträumen am Ebertplatz gekündigt wird. Kultur ist nicht Teil der Probleme, sondern Teil der Lösung auf dem Ebertplatz. Wir fordern für den Ebertplatz einen ganzheitlichen Ansatz, der neben Polizei, Ordnungsamt und Streetwork auf dem Ebertplatz auch die Unterstützung von Kultur und bürgerlichem Engagement umfasst. Der Brunnen und die Rolltreppen müssen wieder in Betrieb genommen werden. Wir wollen, dass der Ebertplatz den Menschen zurückgegeben wird – dafür werden wir uns weiter einsetzen.
Für die Umgestaltung des Ebertplatzes selbst erwarten wir ein Beteiligungsverfahren, damit mit der Bürgerschaft – mit Anwohner*innen, Anliegern, Institutionen und Kulturschaffenden – diskutiert werden kann, wie sich die Menschen das Leben auf dem Platz vorstellen und wie der Ebertplatz folglich umgestaltet werden soll: Als städtische Parkanlage, als Raum mit Interaktionsmöglichkeiten, mit Gastronomie oder Kulturpavillons?: Hier lässt sich vieles vorstellen.
Auch der Neumarkt steht im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen. Die bisherigen Gespräche zum geplanten Drogenkonsumraum machen deutlich: Auf diesem zentralen Platz kommen eine Fülle von Problemlagen zusammen, die sich zum Teil überlagern und gegenseitig verstärken. Nicht alle hängen unmittelbar mit dem Thema „illegale Drogen“ zusammen, werden aber derzeit im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Drogenkonsumraums am Neumarkt thematisiert. Wir treffen auf Drogensüchtige, die ihre Drogen erwerben und konsumieren. Uns begegnen Menschen, welche eine der am Neumarkt angesiedelten Substitutionsambulanzen aufsuchen und dann auf dem Neumarkt ihre Zeit verbringen, weil auch sie sich mit ihren Bekannten treffen und am städtischen Leben teilhaben wollen. Wir erleben Alkoholabhängige und Obdachlose. Täglich vermischen sich die unterschiedlichen Gruppierungen und Szenen auf dem Neumarkt, auf den Zwischenebenen der U-Bahn und um den Neumarkt herum. Nicht zu vergessen alle Kölner*innen und Gäste unserer Stadt, die den Neumarkt queren oder hier umsteigen. Polizeilich steht der Neumarkt aufgrund von Dealerei, Beschaffungskriminalität, Belästigungen von Passanten und gewaltsamen Auseinandersetzungen im Fokus.
Deshalb brauchen wir einen Drogenkonsumraum am Neumarkt im Rahmen eines dezentralen Drogenhilfekonzepts. Wir machen uns aber ferner für einen Arbeitskreis „Neumarkt“ stark, an dem sich die Vertreter der wesentlichen Institutionen, Fachämter (Ordnungsamt, Bürgeramt Innenstadt, Gesundheits- und Sozialamt …), Träger der Sucht- und Wohnungslosenhilfen, Streetworker, die Polizei etc. an einen Tisch setzten und regelmäßig austauschen. Ziel muss es sein, die Akteure rund um den Neumarkt so zu vernetzen, dass Problemlagen möglichst schnell identifiziert und Maßnahmen abgestimmt werden können, die zu einer Verbesserung der Situation führen. Der Neumarkt braucht ein funktionierendes Netzwerk – über den derzeit laufenden Runden Tisch und einen möglichen „Beirat zum Drogenkonsumraum“ hinaus!
Positive Entwicklungen gab es in der Südstadt zu verzeichnen. So freuen wir uns, dass der Chlodwigplatz nach Jahren der Bauarbeiten und Tristesse instandgesetzt und aufgewertet wurde. Endlich gibt es im Süden wieder den lebendigen Mittelpunkt zwischen Severinsviertel und Südstadt. Jetzt gilt es Erfahrungen zu sammeln, an welchen Stellen am neugestalteten Platz nachgesteuert werden muss. So hat sich die SPD-Fraktion für eine Toilettenanlage im unmittelbaren Umfeld des Platzes ebenso eingesetzt wie für den Schutz der Torburg vor Wildpinkelei. Jetzt warten wir auf die zeitnahe Umsetzung der entsprechenden Beschlüsse.
Auch der Yitzhak-Rabin-Platz darf in unserem Jahresrückblick nicht fehlen. Vor über zehn Jahren hatte die SPD-Fraktion bereits eine Initiative zur Umgestaltung des Platzes gestartet. In diesem Jahr fand endlich ein Wettbewerb für seine temporäre Aufwertung statt. So soll der Yitzhak-Rabin-Platz zum urbanen Garten und zu einer kleinen Oase werden. 15 Garteninseln werden in ihrer Gestalt und Anordnung den Platz neu erlebbar machen. Im Mittelpunkt des Platzes wird ein acht Meter langer Tisch aufgebaut, der als Treffpunkt für Anwohnerinnen und Anwohner des Platzes sowie der Gärtnerinnen und Gärtner dienen soll. Uns freut es, wenn diese Aufwertung des Platzes auch zum Katalysator eines nachbarschaftlichen Miteinanders wird. Für die SPD-Fraktion ein Erfolg nach langem Kampf.
Die Aufenthaltsqualität der Innenstadt macht sich aber nicht nur am Zustand unserer Plätze fest. Die historische Altstadt ist die Visitenkarte Kölns. Wir wollen sie deshalb so gestalten, dass sie einer modernen Metropole mit hoher Aufenthaltsqualität gerecht wird. Dafür soll dem Fußgänger- und Radverkehr im historischen Zentrum der Stadt eine deutliche Priorität eingeräumt und der zentrale Altstadtbereich autofrei gestaltet werden. Wir wollen eine autofreie Altstadt, in der Menschen sich gerne aufhalten, in der sie flanieren und verweilen. Deshalb soll die Altstadt an erster Stelle Fußgängerinnen und Fußgängern vorbehalten sein.
Eines der drängendsten Themen ist und bleibt die Frage, wie wir die Vielfalt in unseren Vierteln erhalten können. Die Innenstadt muss ein lebendiger Ort bleiben, den sich nicht nur wenige leisten können. Mit Sorge nehmen wir wahr, wie etwa durch übermäßige Luxussanierungen Menschen aus ihren Wohnungen und Vierteln verdrängt werden. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum – auch in der Innenstadt! Deshalb muss die von der Bezirksvertretung und dem Stadtentwicklungsausschuss beschlossene Einführung von Milieuschutzsatzungen entschieden für mehr als ein innenstädtisches Viertel angegangen werden. Genauso wichtig ist der Schutz des bestehenden Wohnraums. Die zunehmende Zahl der Zweckentfremdung durch Boarding belastet die Innenstadt. Deshalb muss das Instrument der Wohnraumschutzsatzung dringend erhalten bleiben und noch konsequenter angewendet werden. Die Pläne der schwarz-gelben Landesregierung, den Wohnraumschutz auszuhebeln, wären für die Innenstadt fatal!
Die Innenstadt ist ein Anziehungspunkt vieler Menschen. So sind gerade in der City schon seit vielen Jahren die Folgen einer Armutsmigration spürbar. Menschen, die vor den Verhältnissen in ihren Heimatländern flüchten, kommen nach Köln. Die Zahl der Obdachlosen auf unseren Straßen wächst. Bereits im Jahr 2013 hatten die Einrichtungen rund um den Hauptbahnhof nachdrücklich auf diese Entwicklung hingewiesen. Bis auf die jährlich wiederkehrenden Schlagzeilen ist seitdem wenig passiert ist. Wir brauchen deshalb keine wiederkehrenden Schlagzeilen, sondern ein abgestimmtes, ineinandergreifendes Hilfsangebot! Dabei darf man die Einrichtungen nicht alleine lassen.
Uns bereiten die Exzesse Sorge, von denen die Innenstadt regelmäßig heimgesucht wird. Die Belastungen auf der Zülpicher Straße oder in der Südstadt in Karnevalstagen ist extrem. Die Altstadt leidet zudem unter den zahlreichen Junggesell*innenabschiedspartys. Hier müssen alle Beteiligten an einen Tisch, um gemeinsam Lösungen zu finden, wie in Köln eine Feierkultur erhalten bleiben kann, wir aber zugleich die Auswüchse in den Griff bekommen. Aus unserer Sicht ist ein verbessertes Ordnungs- und Sicherheitskonzept dringend notwendig, das aber auch die Veranstalter, Gastronomen und Kioskinhaber einbezieht und in die Mitverantwortung nimmt.
Die Arbeit wird also nicht weniger. Wir bleiben dran!